Die knapp 13 Stunden im Bus von Teheran nach Schiras vergingen dank angenehmen breiten und nach hinten klappbaren Sitzen sehr schnell. Und so kamen wir sogar einigermassen ausgeschlafen in der Stadt am Rande des Zagros-Gebirges an, die der Shiraz-Traube ihren Namen gab. In dieser Gegend wurde vor der islamischen Revolution und dem damit einhergehenden Alkoholverbot viel Wein angebaut. Da dies aber nun nicht mehr erlaubt ist, gönnten wir uns zum Apéro auf der Dachterrasse einen Tee oder Fruchtsaft oder aber ein fermentiertes alkoholfreies Malzgeträck. Nun aber der Reihe nach.
Am Busbahnhof (Karandish Terminal) gibt es einen Schalter, an dem wir einfach und bequem Tickets für Taxifahrten kauften. Eine einfache Fahrt ins Stadtzentrum direkt vors Hotel kostet 10’000 Toman (also 100’000 Rial, das heisst rund 2,5 Euro). Unser Niayesh Boutique Hotel war im Reiseführer als traditionelles Haus mit typischem Innenhof beschrieben. Das überzeugte auch in Wirklichkeit, denn nicht nur die Zimmer (Dorm für 7,5 Euro), sondern auch das ganze Hotel verbindet persiches Ambiente mit westlichen Elementen. Dies ist übrigens sinnbildlich für das ganze Land, das wir als traditionell und sich zugleich auch im Wandel befindend kennengelernt haben. Irgendwie ist es in den 70er-Jahren stehen geblieben (was mit der Revolution 1979 begründet wird), andererseits sind die Öffnung und das Streben nach Neuem aus dem Westen spürbar. Vor allem bei der Auslegung der Religion resp. der daraus abgeleiteten Kleidervorschrift ist der «neu-persische» Stil (eigene Wortkreation) erkennbar. Frauen tragen enge Jeans, neue Sneakers, körperbetonte Oberteile und sind geschminkt. Der Hijab (Kopftuch) hängt lässig mit der Sonnenbrille befestigt am Hinterkopf. Hauptsache die minimalen Vorschriften sind beachtet…
Der Aramgah-e Shah-e Cheragh (Schrein) ist die Hauptattraktion der Stadt und sehr sehenswert. Die älteste religiöse Stätte im Südiran, die zu wichtigen Zeremonien von bis zu 20’000 Gläubigen besucht wird. Hier sind Männer und Frauen getrennt. Auch im Stadtbus ist der vordere Teil für Männer, während im hinteren Teil nur Frauen sitzen. Allerdings ist einem Ausländer niemand böse, wenn jemand falsch einsteigt. Ich denke und behaupte jetzt einfach mal, dass solche Regelungen in letzter Zeit gelockert wurden. In Überlandbussen gilt diese Regelung offenbar gar nicht mehr, dort sitzt jeder, wo es Platz hat.
An Sehenswürdigkeiten ist sicherlich der Vakil-e Basar (und seine vielen Teile) nennenswert. Dieser ist sehr ruhig und gut beschildert. Leider gibt es auch da etwa fünft Sorten Stände, diese jedoch jeweils in hundertfacher Ausführung. Das Fort ist sehenswert, allerdings wirkt es sehr überschaubar und daher haben wir es nur von aussen betrachtet. Der Eintritt kostet 200’000 Rial (ca. 5 Euro), was vergleichsweise viel Geld ist. Ausländische Touristen bezahlen jeweils fünf bis zehn Mal so viel wie Iraner.
Es hat sich grundsätzlich als eher schwierig erwiesen, Essen resp. Restaurants zu finden. Anfangs war noch Ramadan, jedoch auch als dieser beendet war, hatten wir viel mehr Mühe als in anderen Ländern, ein lokales Restaurant zu finden. Strassenstände mit frisch zubereitetem Essen sucht man vergebens. Neben hunderten von Jeansläden gibt es zahlreiche Lokale die (offenbar selbstgemachtes) Eis und weitere (unerträglich) süsse Spezialitäten verkaufen. Das Essen, das wir gefunden hatten, abgesehen von frischgebackenem Fladenbrot, war mittelmässig gut. Im Restaurant Lust auf schon lange abgepackten Salat wie an der Tankstelle mit Mayonnaise? Geschmackloser Reis mit sehr hart gebratenem Fleisch und einer aufgeschnittenen Gurke und einer rohen Zwiebel?? Eben. Das Essen im Niayesh Boutique Hotel wird im Reiseführer gelobt und da der schöne Innenhof und der nette Bereich im ersten Stock auch von Iranern rege besucht wird, muss das Essen wohl gut sein. Selbst probiert haben wir es nicht, ausser das Frühstück, welches für iranische Verhältnisse sehr gut und reichhaltig ist.
Um nach Persepolis (antike Ausgrabungsstätten) zu gelangen, kann im Hotel eine Tour gebucht werden, welche Persepolis und weitere Stätten als Halb- oder Tagestour beinhalten. Diese Kosten 30 bis 55 US Dollar. Alternativ fahren ausserhalb des Busbahnhofs, etwas versteckt auf der gegenüberliegenden Strassenseite, westlich des Hauptgebäudes, Minibusse unterschiedlichen Alters und Zustands regelmässig nach Marvdasht (45’000 bis 50’000 Rial für zwei Personen, ca. 1,1 bis 1,2 Euro). Von dort nimmt man eines der bereitstehenden Taxis, teilt das am besten mit anderen Leuten und zahlt dann 100’000 Rial (ca. 2,5 Euro) bis zum Eingang zu Persepolis. Dort beträgt der Eintritt 200’000 Rial, was in diesem Fall zwar angemessen, jedoch sechs bis sieben Mal so viel ist, als ein Iraner bezahlt. Pech. Ein Taxi aus der Stadt oder vom Busbahnhof, das einem direkt nach Persepolis fährt, dort wartet und wieder zurückbringt, wurde uns für 600’000 Rial angeboten (ca. 15 Euro). Im Juli ist das Klima in dieser wüstenähnlichen Gegend zwar heiss, aber nicht unerträglich, da es auf ca. 1500 m.ü.M. liegt. Und im Schatten der Bäume vor dem Eingang ist es so oder so angenehm. Und die Iraner haben auch da wieder ihrem Ruf alle Ehre gemacht und uns spontan zum Essen resp. Picknick eingeladen. Da wir selbst etwas dabei hatten (Brot, Tomaten, Nüsse, so wie es alle hier zum Picknick mitbringen, wenn sie nicht gleich noch den eigenen Grill dabei haben), trugen wir unseren Teil zur reich gedeckten Tafel bei. Vornehm wie die Iraner sind, haben sie sämtliche unserer Speisen abgeleht, uns jedoch aufdringlich bis zum geht-nicht-mehr aufgefordert, mehr warmes Billig-Fanta zu trinken und uns die Melone (von der wir bereits gegessen hatten) mit der Aufforderung, mehr davon zu essen, auf die Beine gelegt. Ist ja nett gemeint, aber einfach viel zu viel des Guten für mitteleuropäisches Verständnis für Anstand, Abstand und Freundlichkeit. Die Möglichkeit, uns mit den beiden jungen Herren abends nochmals zu treffen, liessen wir gerne aus!
In der Region um Schiras schlagen in den warmen Sommermonaten Nomadenvölker ihre Zelte auf. Eines davon, resp. eine Familie, haben wir besucht. So ein Ausflug ist kaum ohne Fahrer und Fahrzeug zu organisieren, sodass wir das via Rezeption getan haben. Hussein, unser Mann am Steuer, sprach zwar nur sehr gebrochen Englisch, jedoch hat er uns das Wichtigste stets übersetzt. Angefangen hat unsere Fahrt, wie eigentlich jede Fahrt im Iran, im Stau. Als dieser überwunden war, fanden wir uns bald in einem sehr schönen Dörfchen am Berg wieder, in dem scheinbar die ganze Region unterwegs war, um noch etwas weiter oben im Schatten der Bäume, nahe eines kleinen Wasserfalls, ein typisch iranisches Picknick zu veranstalten (Ramadan war nun vorbei). Zwar hatten wir zuvor ausdrücklich erklärt, wir seien an Nomaden, nicht aber an anderen Attraktionen interessiert, war es dennoch ein interessanter Teil unserer Tour. Wir wurden wiederum mit Essen beschänkt und haben in diesem Dorf einmal ein Café (zwar ein modernes, aber immerhin) entdeckt, für die der Iran so berühmt sein soll. Weiter ging die Fahrt in hügeliges, kaum besiedeltes Land. Sehr trocken war es, aber dennoch schön und irgendwie auch fruchtbar (Pfirsich-Bäume, etc.). Im sandig-öden Buschland erkannten wir plötzlich eine kleine Fläche, auf der einige Zelte errichtet worden waren. In einem dieser Zelte tranken wir Tee, beobachteten, wie wenig später der Vaterder Familie mit dem Vieh (Schafe und Ziegen) nach Hause kam und assen dort auch Abendessen. Das war einfach, aber auch einfach sehr gut. Frischgebackenes Fladenbrot mit (selbstgemachter?) Butter, Joghurt und – nur für uns – etwas Kartoffeln und Tomaten. Selbstverständlich durfte die rohe Zwiebel auch hier nicht fehlen! Das kurdischstämmige Volk der Turk, als eines von rund zehn Qashqai-Nomengruppen in dieser Region, haben wir als Hauptbestandteil dieser Tour besucht.