Belo Horizonte (sprich ‹Belo Horizondschi›, oftmals einfach BH genannt) ist nicht unbedingt ein Touristenhotspot. Vielleicht nach der historischen 1:7 Niederlage der brasilianischen Fussballnationalmannschaft gegen Deutschland an der Weltmeisterschaft 2014 hat man BH schon mal gehört, da jenes Spiel im extra vergrösserten Mineirao-Stadion stattfand. Von Ouro Preto herkommend dauert die Anreise knapp 2 Stunden, durch das immense Verkehrsaufkommen im Stadtzentrum kann sich die Reisedauer beliebig verlängern. So erging es auch uns. Mit unserem Kollegen Jaoa (ich hatte ihn 2013 in Kapstadt kennengelernt. Danach sind wir stets in Kontakt gebliben und als sich unsere Brasilienreise konkretisiert hat, haben wir ein Treffen in seiner Stadt vereinbart) hatten wir einen Treffpunkt am Busbahnhof um 12:00 Uhr vereinbart. Wir sind also um 10:00 auf den Bus und waren nach 12:00 in BH angekommen. So schweizerisch wie ich halt ticke, habe ich um 11:59 mein Handy gezückt und wollte ihm ein SMS schreiben, dass wir etwas verspätet sind. Corina musste lachen, schliesslich sind wir in Südamerika und Joao vielleicht selbst noch nicht einmal aus dem Haus… Ja ich weiss, keiner macht so etwas hier, aber um 12:10 habe ich ihm dann doch geschrieben. Schliesslich trafen wir uns eine Dreiviertelstunde später, auch er war noch im Stau gesteckt.
Bei ihm zu Hause angekommen wurden wir mit Bier und Cachaça begrüsst. Seine herzlichen Eltern hatten Freude uns zu sehen, jedoch war die Verständigung etwas schwierig, zumal unser Portugiesisch schlecht und ihr Englisch noch viel schlechter ist. Joao war fortan der übersetzer. Wir haben kurzerhand das Gepäck deponiert, auf seine Freundin gewartet und sind dann losgegangen, um Mittag essen zu gehen. Und schon wurden wir das erste Mal eingeladen, für uns war selbst bezahlen irgendwie verboten (Muito obrigado Joao!).
Am späteren Nachmittag haben wir unsere langersehnte, erste Karneval-Party miterleben dürfen. In einem Stadtteil, den wir alleine niemals gefunden hätten, versammelten sich plötzlich tausende Menschen, Bier- und Cachaça-Verkäufer waren wie aus dem Boden gesprossen und schon trieb die fröhliche Masse den Strassen entlang, ohne erkennbares Ziel. Zugegeben, am Anfang erinnerte es uns ein wenig an Kinderfasnacht zu Hause, später (mit ein paar Cachaça-Honig-Shots) wurde es dann richtig lustig. Auch der Regen, der mittlerweile in Strömen vom Himmel prasselte, tat den Festivitäten keinen Abbruch. Nach einem kurzen Snack in einer Pizzabude haben wir uns in einer Bar wiedergefunden, von der Joao mir schon lange vorgeschwärmt hatte, resp. von den Drinks dort 😉 O Demonio, der Teufel. Cachaça, Honig, Limetten, Eis, umgerührt mit einer Stange Zimt. Ausvorzüglich.
Leider hat der Regen auch am folgenden Tag noch nicht aufgehört, sodass Joao quasi ein Schlechtwetterprogramm erfinden musste. Zuerst haben wir uns den Mercado Central angeschaut. Diese grosse, aber dennoch erstaunlich ordentliche Markthalle bietet so ziemlich alles, was das Herz begehrt. Pfannen, Kosmetika, Gewürze, Cachaça, Fisch, Früchte uvm. Dann sind wir am erwähnten, denkwürdigen Fussballstadion vorbeigefahren, zu einem See, wo es nebst einer ziemlich speziellen Kirche zwei kleine Museen gab. Wirklich interessant war es zwar nicht, aber ok an einem verregneten Sonntag. Bald haben wir uns in einem Restaurant wiedergefunden und noch zwei weitere Kollegen von Joaos Freundin Iara getroffen. Ein lustiges Erlebnis für mich war, dass diese Kollegin meinen Kommentar zum Dessert (‹gostoso› = gut, lecker) als typisch carioca, also aus der Stadt Rio de Janeiro kommend, empfunden hat. Nicht, dass der Rest Brasiliens dieses Wort nicht benutzen würde, aber die akzentuierte Aussprache mit dem ’s› als ’sch› hat sie als eindeutig von Rio de Janeiro eingestuft. Ich fand es lustig.
Schon war der letzte Abend angebrochen und wir haben einfach gehofft, dass jetz nicht ein riesen Abendessen aufgetischt wird, das wir kaum hätten ablehnen, aber auch kaum geniessen können. Immernoch voll vom üppigen Mittagessen, haben wir bei ein paar Snacks eine interessante, mehrsprachige Diskussion geführt mit Joao und seinen Eltern. Sie waren sehr interessiert daran, mehr vom Leben in der Schweiz zu erfahren. Wir erzählten viel und konnten ebenfalls einiges neues erfahren, während Joao unermüdlich Englisch-Portugiesisch und Portugiesisch-Englisch übersetzte.