Wer sich das Bussfahren in anderen Ländern Südamerikas gewohnt ist, trifft in Brasilien auf Luxus. So kam es, dass wir im 7-stündigen Nachtbus von Rio nach Ouro Preto sogar ein paar Stunden Schlaf finden konnten. Das Kolonialstädtchen nördlich von Rio war unser nächster Stopp unserer «rush-through-Brasilien in zwei Wochen-Reise». Ich schreibe das nur so zynisch, da uns in Hostels viele neue Bekanntschaften mit «Was? So viele Stopps in so kurzer Zeit?» gegenübertreten. Für uns war ein Tag ausreichend, um Ouro Preto zu besichtigen. Das hübsche Örtchen besteht aus geschätzen 50 Kirchen im Kolonialstil und farbigen kleinen Häuschen, eigentlich genau wie im Bilderbuch oder so, wie wir es zum Beispiel aus Kolumbien kennen. Trotzdem blieb das von mir erhoffte brasilianische Feuerwerk von Glückshormonen nach wie vor aus. Wer von Rio nach Belo Horizonte reist, sollte trotzdem unbedingt für eine Nacht im Städtchen verweilen. Vor allem unser von einer äusserst netten Brasilianerin geführten Hostel «Goiabada com Queijo» können wir wärmsten empfehlen. Ohne sie hätten wir nämlich den Abend im Hostel verbracht. Nachdem wir nach einer Kirche nicht auch noch alle weiteren 49 besichtigen wollten, entschieden wir uns, die Bars auszutesten. Leider waren diese aber nur im Singular anzutreffen. Wir waren nämlich äusserst verwundert, dass praktisch alle Restaurants und Bars an jedem Freitagabend geschlossen waren. Als wir viel zu früh bereits auf dem Heimweg ins Hostel waren, kamen wir an einem Haus vorbei, aus dem laute Musik dröhnte. Die Tür stand offen und die Leute winkten uns zu. So wagten wir unser Glück und traten in das Haus, welches mit «Republica» gekennzeichnet war. Bereits zuvor viel uns auf, dass viele Häuser so beschriftet waren. Keine Minute verging und wir hielten Becher aufgefüllt mit Bier in den Händern – wir waren mitten an einer WG-Party. Es stellte sich heraus, dass Ouro Preto Bar-technisch eigentlich nichts zu bieten hat. Die Leute versammeln sich alle in den sogenannten Republicas, eine Mischung zwischen Riesen-WG und Studentenverbindung. Jedes Wochende steigen dort Partys. Jeder, der dort wohnen möchte, muss zuerst drei Monate lang Prüfungen bestehen. Diese Newbies waren dann auch dafür zuständig, uns den Becher wieder mit Bier aufzufüllen, sobald wir einen Schluck getrunken hatten. Nach einiger Zeit hatten wir von dieser übertriebenen Gastfreundschaft auch genug und wir machten uns aus dem Staub. Gerade noch rechtzeitig trafen wir im Hostel ein, um die Besitzerin anzutreffen, welche uns von einer Sambaparty in den Strassen erzählte. Diese fand etwas ausserhalb des Zentrums statt und wir hätten ohne diesen wertvollen Tipp natürlich nie unseren Weg dorthin gefunden. Also wurde unser Ausflug zur Stadt, welche zuerst zu schlafen schien, doch noch zu einem unvergesslichen Erlebnis. Wiedereinmal hatten wir die Möglichkeit, in die lokale Kultur einzutauchen und diese Momente sind meistens die wertvollsten.